In Deutschland kostet ein WG-Zimmer für Studierende durchschnittlich 403 Euro. Die geltende Wohnpauschale für Studierende im BAföG beträgt aber gerade mal 325 Euro. In Bremen ist die Lage zwar nicht so angespannt wie in anderen deutschen Universitätsstädten wie Münster, Tübingen oder Heidelberg. Aber kürzlich veröffentlichte Zahlen der Hans-Böckler-Stiftung zeigen, dass auch in Bremen über 30.000 Wohnungen fehlen, selbst wenn die Mieter*innen perfekt nach Einkommen auf die Wohnungen verteilt werden. Studierende konkurrieren zusätzlich mit Geringverdienenden um günstigen Wohnraum. Die Kosten fürs Wohnen sind der größte Kostenfaktor für Studierende. Sie entscheiden oftmals darüber, ob jemand sich das Studieren leisten kann oder nicht. Das BAföG muss viel stärker an diese realen Kosten für ein Studium gekoppelt sein.
Die soziale Herkunft entscheidet immer noch über die Bildungschancen. Das BAföG wurde eingeführt, um diese Ungleichheit zu überwinden. In den letzten Jahren zeigt sich aber, dass es dieser Aufgabe immer weniger gerecht wird. So sind die Zahlen geförderter Studierender im Land Bremen von 35% im Jahr 2010 auf nur 23% im Jahr 2019 gesunken. Bundesweit wurde zuletzt nur noch jede*r zehnte Studierende von der Ausbildungsförderung unterstützt. Arbeiter*innenkinder in Deutschland sind oftmals von Bildungschancen abgekoppelt. Dabei ist gerade die Investition in Bildung eine Zukunftsinvestition, die Fachkräfte sichert und sowohl das Land Bremen als auch die gesamte Bundesrepublik fit macht für die Gestaltung der sozial-ökologischen Transformation.
Sogar in Relation zum Bruttoinlandsprodukt sind die Ausgaben für die Ausbildungsförderung massiv zurückgegangen und sanken um 350 Millionen Euro – während das BIP massiv ansteigt und die Gesamtausgaben des Bundes damit ebenfalls. Bildung muss endlich höhere Priorität im Haushalt bekommen. Das wird durch Umfragen unterstützt, die Bildung als den wichtigsten Politikbereich definieren – darauf sollte die Politik hören.
Um eine Ausbildung unabhängig von der Herkunft zu ermöglichen, braucht es endlich eine grundlegende Reform des BAföG. So müssen die Elternfreibeträge dringend gesenkt werden, damit der Kreis der Anspruchsberechtigten wächst. Außerdem muss sich die Höhe der Ausbildungsförderung an den realen Lebenshaltungskosten eines Studierenden orientieren und auch an Inflation und Einkommensentwicklung angepasst werden. Denn: Nicht nur bei der Miete, auch bei den Lebenshaltungskosten ist das BAföG nicht ausreichend. Es gibt viele Gründe, warum Studierende länger studieren: Die Pflege Angehöriger, Studienfinanzierung durch eigene Arbeit, ehrenamtliches Engagement. Diese Gründe müssen viel stärker bei der Förderdauer angerechnet werden.
Es muss endlich ein Gesamtkonzept entwickelt werden, dass dem Gleichheitsgebot angemessen ist.